Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?
Ken Jebsen gilt in den 90er Jahren als großes Nachwuchstalent: Ein innovativer Radiomoderator, witzig, schlagfertig, größenwahnsinnig und schnell, in allem, was er tut. Er will der nächste Gottschalk werden, der nächste Jauch. Er will ganz nach oben. Doch seine Versuche, der nächste große TV-Star zu werden, scheitern. Sein Stil ist zu anarchisch, seine Ideen zu unkonventionell und seine Arbeitsweise zu inkompatibel.
Stattdessen erhält Jebsen 2001 mit “KenFM” seine eigene Radiosendung – beim öffentlich-rechtlichen Jugendsender Fritz in Berlin. Das ist 100% Jebsen. Und er macht dort viele Jahre lang das vielleicht aufregendste, unterhaltsamste und verrückteste Radioprogramm Deutschlands. Bis er im November 2011 den Sender plötzlich verlassen muss. Auslöser ist eine angebliche Holocaustleugnung. Von außen betrachtet scheint es komplizierter: Jebsen hatte sich in den Jahren vor dem Rausschmiss schrittweise zum Verschwörungstheoretiker radikalisiert und seinen Sendeplatz im Jugendradio genutzt, um krude Theorien und Lügen zu verbreiten. Im November 2011 ist seine Karriere im öffentlich-rechtlichen Rundfunk beendet.
Aber dieses Ende markiert auch den Anfang von etwas Neuem: Jebsen entdeckt die rasant wachsende Videoplattform YouTube für sich, wo es keinerlei redaktionelle Kontrolle gibt. Er baut “KenFM” dort zu einer alternativen Nachrichtenplattform um. Dabei nimmt Jebsen alle mit, die ihm zujubeln: Links, Rechts, Mitte – egal. 2014 bei den Friedensmahnwachen und vor allem dann 2020 bei den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung wächst “KenFM” rasant und etabliert sich als eines der einflussreichsten “alternativen Mediennetzwerke” in Deutschland. Aber auch als eine Community aus Rechtsextremen, Esoteriker:innen und Anhänger:innen von Verschwörungstheorien.
Und Jebsen? Er gießt Öl ins Feuer, radikalisiert sich immer weiter, baut seine Kontakte aus zu Rechtsextremen und Antisemiten, zu einem russischen Desinformations-Akteur, zu Verschwörungstheoretiker:innen und Propaganda-Medien, zu windigen Geschäftsleuten und esoterischen Wunderheilern. Mit steigendem Einfluss kritisiert er nicht mehr nur das System – sondern er hetzt und mobilisiert dagegen in immer schärferen Tönen. Bis zum bitteren Höhepunkt im Herbst 2020, als die Gewalt auf den Corona-Demonstrationen in Berlin und Leipzig zunehmend eskaliert und Jebsen plötzlich von der Bildfläche verschwindet.
Der Podcast erzählt nicht nur die Geschichte von Ken Jebsen. Er erzählt auch die Geschichte von systematischer russischer Desinformation, vom Einfluss der Algorithmen von YouTube und Facebook auf die Verbreitung von „Fake News“, vom erstarkenden Populismus im Land, vom Erfolg von Verschwörungstheorien, von der rechten Mobilmachung im Netz, dem Aufstieg der Querdenker:innen. Und wie all diese Kräfte sich in Zeiten von Corona gegenseitig verstärken und unsere Gesellschaft und ihren Zusammenhalt destabilisieren und beschädigen wollen.
Credits
Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen? ist eine Original Podcast Series von Studio Bummens, NDR, rbb und K2H
- Buch und ProduktionKhesrau Behroz
- Executive EditorTobias Bauckhage
- Associate Producer:innenKate Kubel, Sarah Omar, Sabine Schmidt, David Krause
- RedaktionKhesrau Behroz, Pascale Müller, Sören Musyal
- Redaktion beim NDRVolkmar Kabisch, Dennis Dabelstein
- Redaktion beim rbbPhilip Meinhold
- Projektkoordination NDR rbbJohanna Leuschen
- Technische Produktion und SounddesignChris Kalis
- OriginalmusikJakob Ilja
- Cover-ArtworkHenning Wagenbreth
- Legal CounselChristoph Fey, Sebastian Gorski – Kanzlei Von Have Fey
- Legal Counsel NDRCarola Witt
- Executive ProducerTobias Bauckhage (Studio Bummens), Norbert Grundei (NDR),
Robert Skuppin (rbb) und Moritz Hohenfeld (K2H)